Foto: © Kunsthistorisches Museum, Wien
Inv. Nr. ANSA IX a79
Die Gemma Augustea, ursprünglich im Besitz des römischen Kaiserhauses, wurde wahrscheinlich durch Kunstraub bei der Eroberung Konstantinopels durch ein Kreuzfahrerheer 1204 nach Toulouse verbracht. 1246 erstmals erwähnt, wurde die Gemma Augustea, die sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet, im Inventar des Kirchenschatzes Saint Sernin in Toulouse aufbewahrt, wo sie bis 1533 verblieb. Danach war sie im Besitz des Königs Franz I. von Frankreich Seit 1619 befindet sie sich in Wien, nachdem sie von Kaiser Rudolf II. für 12000 Dukaten gekauft und mit einem schmalen Goldrand neu eingefasst wurde.
Ein Anlass, diese Gravur in Auftrag zu geben, dürfte die Niederlage des Varus im Teutoburger Wald, vom September 9 n.Chr. gewesen sein, welche das Reich fast an den Rand des Abgrunds brachte, da drei Legionen mitsamt ihrem Feldherrn, den Offizieren und Hilfstruppen gänzlich vernichtet wurden. Auf die Nachricht von dieser Niederlage hin ließ Augustus Rom durch Wachen besetzen, damit kein Aufruhr entstehe (1).
Gemeinsames Handeln, Frieden und Zusammenhalt in allen Teilen des Reiches und die durch die Adoptionen von 4 n. Chr. gesicherte Fortdauer der Dynastie war die bedeutsame Botschaft welche die Gemma Augustea mit Ihren vielen Figuren vermitteln sollte. Die Gemma Augustea gehört zu den sogenannten „Staatskameen“. Die Darstellungen auf diesen kostbaren Steinen weisen ikonographisch auf den Kaiser und Angehörige seiner Familie hin .
Die historische Situation zur Zeit der Gemma Augustea war folgende: 4 n.Chr. adoptierte Augustus seinen Stiefsohn Tiberius, der seinerseits seinen Neffen Germanicus, den Sohn des älteren Drusus adoptieren mußte, obgleich Tiberius einen eigenen Sohn, Drusus Minor, hatte.
Das planvolle Vorgehen des Kaisers Augustus zur Sicherung der Herrschaft umfasste also zwei Generationen. Tiberius war Mitregent und Augustus ließ keinen Zweifel daran, dass das Imperium nach seinem Tode in die besten Hände übergehen werde, deshalb sind beide Regenten auf dem Kameo durch das doppelte Zepter gleichrangig dargestellt.
Seit 6 n. Chr. führte Tiberius gegen die aufständischen Pannonier Krieg, den er 9 n. Chr. siegreich beendete, was in der oberen Bildzone der in zwei übereinanderliegende Register gegliederten Gravur zum Ausdruck kommt. Sie zeigt den siegreich am 16. Januar 10 n. Chr. aus Pannonien zurückkehrenden Tiberius (42 v. – 37 n. Chr.), welcher auf die Nachricht von der Niederlage des Varus hin, den beschlossenen Triumph im vierspännigen Triumphwagen mit Adlerzepter und Lorbeerzweig verschob und stattdessen, mit Lorbeer bekränzt, auf einer Biga, einem Zweiergespann, in Rom einzog (2). Er ist der Schützling seiner geflügelten, ungeduldig und auffordernd zurückblickenden, die Peitsche schwingenden Wagenlenkerin Viktoria, welche ihn eigenhändig von Sieg zu Sieg führt. Hier wird dargestellt, dass ein neuer Aufbruch bevor steht — auf den Ankommenden, gerade vom Wagen steigenden, warten bereits neue Aufgaben, neue Kämpfe und Siege. Noch im gleichen Jahr verlässt er wieder, zusammen mit Germanicus, Rom, in Richtung Germanien.
Vor seinem Pferd und neben Roma steht der jugendliche, mit Bartflaum dargestellte Germanicus (15 v. – 19 n. Chr.), den Blick dem Kaiser zugewandt. Germanicus der am Kampf gegen die aufständischen Pannonier beteiligt war, trägt über dem Panzer die Feldherrenbinde und das Paludamentum. Seine linke Hand liegt locker auf dem Griff des umgehängten Schwertes, die rechte Hand ist in die Hüfte gestützt.
Rechts vom Zentrum sitzen Augustus (63 v. Chr.– 14 n. Chr.), der erste Kaiser des römischen Reiches, und Dea Roma auf einem bankartigen Thron mit gedrechselten Beinen. Die erhobene linke Hand des in Jupiterpose dargestellten Kaisers hält das Zepter, die rechte den Lituus, den gekrümmten Augurenstab, Zeichen höchsten religiösen und politischen Ranges. Dea Roma, die Schutzherrin der Stadt, ist gerüstet mit Helm, Schild, Lanze und Schwert, sie trägt einen gegürteten ärmellosen Chiton. Die mit Sandalen bekleideten Füße der beiden ruhen auf am Boden liegenden, die Fußbank ersetzenden Schilden. Unter dem Thron sitzt ein zu den Ankommenden aufschauender Adler, der königliche Vogel des Imperiums und des Jupiters. Zwischen den Köpfen der Roma und des Augustus, etwas erhöht, schwebt eine mit Strahlen und dem Capricorn besetzte Scheibe, das Geburtszeichen des Augustus. Seinem Geburtsgestirn hat Augustus zeitlebens höchste Bedeutung beigemessen und ihm vertraut.
Vorne rechts, üppig und breitlagernd, ist Tellus Italiae die römische Erdgöttin - auch Terra mater (Mutter Erde) genannt mit Efeukranz und leerem Füllhorn auf einem Felsen zu sehen, an ihrem Halsband hängt ein tropfenförmiger Anhänger. Begleitet wird sie von zwei Knaben, deren einer in der gesenkten linken Hand zwei Fruchtbarkeit verheißende Ähren hält, während der andere mit unheilabwehrendem Gestus die linke Hand nach außen streckt. Hinter dem Thron drängen sich Oikumene mit Schleier und Mauerkrone, die Vertreterin des bewohnten Erdkreises (Imperium Romanum), welche dem Kaiser in dankbarer Verehrung die Bürgerkrone (corona civica), einen Eichenkranz, übers Haupt hält, und der bärtige, muskulöse Oceanus, der Weltenstrom, der alles umschließt, und bis zu dessen nördlichen Küsten die Legionen des Augustus vorgestoßen sind. Alle drei sind Idealfiguren, welche die Weite des römischen Imperiums symbolisieren.
Die untere Bildzone, in der, im Gegensatz zu der repräsentativen Ruhe der oberen Bildzone, lebhafte Bewegung herrscht, stellt römische Siege über fremde Völker dar. Es dürften Pannonier, vielleicht auch Kelten oder Germanen gemeint sein. Über den links am Boden sitzenden Personen wird von römischen Soldaten in voller Rüstung und von Helfern in leichter Arbeitskleidung gerade aus der von den Besiegten gewonnenen Waffenbeute ein Siegeszeichen, ein Tropaion errichtet.
Von rechts werden zwei Gefangene an den Haaren herbeigezerrt, einer trägt einen ringförmigen Halsschmuck, einen Torques. Unter die römischen Soldaten scheinen sich auch göttliche Helfer zu mischen. Dass die Kämpfe mit großen eigenen Opfern verbunden waren, zeigt der am Boden liegende Panzer eines römischen Offiziers.
Mit der Arbeit an der Gemma Augustea dürfte bald nach dem Einzug des Tiberius, am 16.Januar 10 n. Chr. in Rom, begonnen worden sein, eventuell war sie zu diesem Zeitpunkt aber auch schon in Arbeit. Ein späterer Zeitpunkt ist unwahrscheinlich, denn nach dem Sieg über Pannonien und Dalmatien im Oktober 12 n. Chr. wäre ein Verweis ( Biga anstelle des Triumphwagen) auf den von der Varusniederlage überschatteten Empfang des Tiberius nicht mehr sinnvoll gewesen.
Der Kameo ist nicht signiert. Oft wurde Dioskurides als Graveur dieses Kunstwerkes genannt. Chronologische Gründe schließen jedoch diese Zuweisung aus. Dioskurides, der zunächst in seiner Heimat Kilikien im Dienst des letzten Seleukiden, Philippos II. Philorhomaios (60er Jahre v. Chr.) stand, muss also spätestens um 80 v. Chr. geboren worden sein. Dass er im Alter von 90 noch als Graveur aktiv war ist unwahrscheinlich, eher könnte es sein Sohn Hyllos gewesen sein (3) . Wo sich die Werkstätten befanden, in denen dieser kostbare Stein bearbeitet wurde, ist nicht bekannt.
Der prächtige, im jetzigen Erhaltungszustand 19 x 23cm große Kameo ist leider stark beschädigt, ursprünglich war er wesentlich breiter. Am linken Rand fehlt ein größeres Stück, auch rechts ist einiges abgebrochen und wurde, jedenfalls im oberen Bereich, beigeschliffen, um eine ansprechende Form zu erhalten. Dabei wurde auch der, die neue Komposition störende linke Arm der Oikumene und damit auch das Attribut in der Hand des Oceanus entfernt. Reste des Attributs, welches die Frisur überlappte — wahrscheinlich der Griff eines Ruders — sind noch innerhalb der Frisur, als halbkreisförmiger Einschnitt, zu erkennen ( roter Pfeil ).
Beim Entfernen des Attributs wurden auch Teile des Füllhorns abgeschnitten, die tiefen Einschnitte sind ober- und unterhalb der Hand des Oceanus, auf dem Abguss der Kamee, deutlich erkennbar.
Der halbkreisförmige Einschnitt in den Haaren des Oceanus
(Fotomontage)
Oceanos mit Ruder, auf dessen Griff Oikumene ihre linke Hand legt.
Dass Oikumene in der Urfassung nur mit einer Hand ausgestattet war, während alle andern Protagonisten der oberen Ebene mit zwei Händen dargestellt sind, ist nicht denkbar.
Denar
Szeper, Füllhorn auf Globus, Ruder, Lorbeerkranz
Eine Konstellation, welche der auf der Gemma Augustea sehr nahe kommt.
Fortuna mit Steuerruder
Relief mit der Darstellung einer römischen Triere mit Steuerruder
Nationalmuseum Neapel
Beim Entfernen des Ruders wurde das Füllhorn beschnitten.
______
Die ursprüngliche Form der Gemma Augustea dürfte ein symmetrisches, stumpfes Oval gewesen sein, in der Form ähnlich der gut erhaltenen Gemma Claudia. Der fragmentarische Zustand des Kameos erschließt sich den meisten Betrachtern nicht sofort, denn das Erhaltene erscheint zuerst schlüssig und wohlgeordnet. Man erkennt aber bald, dass die eckige, asymmetrische Form nicht zu dieser einst harmonischen Darstellung passt. Zwischen den Speichen des linken Wagenrades sind Reste von Togafalten zu erkennen, dort stand eine männliche Figur, ihre rechte Hand ist noch erkennbar, ebenso ihr rechter Fuß ist ganz links noch zu sehen. Es müssen sich aber zwei Personen in diesem Bereich befunden haben, denn nur so ist ein ausreichendes Gegengewicht zur rechten Dreiergruppe gegeben. Die vertikale Mitte (Symmetrieachse) des Kunstwerks verläuft demnach zwischen Germanicus und Roma. Augustus als regierender Kaiser und sein Sohn und Thronfolger Tiberius wurden bewusst mit gleichen Abstand zum Rand hin platziert, um die Gleichrangigkeit der beiden Protagonisten zu unterstreichen. (siehe Rekonstruktion Helmut Prückner)
Rekonstruktionszeichnungen von Simon, Scherrer und Prückner, mit diversen Ergänzungsvorschlägen, führten zu keinem befriedigendem Ergebnis. Der fehlende linke Arm der Oikumene, und das fehlende Attribut des Oceanos wurden überhaupt nicht berücksichtigt . (4)
Rekonstruktion E.Simon, M. Boss
1988
iunctio dextrarum
Rekonstruktion M.Scherrer, U. Outschar
1988
Rekonstruktion H. Prückner,
durch Genius Senatus und Genius Populi Romani ergänzt.
1997
Rekonstruktion G.Schmidt
2010
In der linken unteren Bildzone erkennt man die Reste eines sitzenden Barbaren, von dem nur der Haarschopf und ein Fuß erhalten sind. Wenn man von einer symmetrischen Form ausgeht, muss sich hier und auch rechts unten, neben der an den Haaren herbeigezogenen Frau, noch je eine Person befunden haben. Der große Freiraum in diesem Bereich und Abarbeitungsspuren am linken Arm der Frau, belegen dies. Welche Figuren sich hier befanden — Soldaten oder Gefangene —, lässt sich schwerlich erahnen.
Liktoren
Im oberen Feld jedoch gibt es Anhaltspunkte, die den in Frage kommenden Personenkreis, der sich in dem abgebrochenen Stück befand, einschränkt. Neben Tiberius müssen sich zwei Personen befunden haben, von denen zumindest einer einen Stab getragen hat.
Diese Feststellung ergibt sich zwingend aus den bis an den oberen Rand reichenden Stäben, die von Tiberius, Roma, Augustus und Oceanos gehalten werden, und deren Ausrichtung für die optische Stabilität der kompletten Komposition von entscheidender Bedeutung ist. Die Lanze und die beiden Zepter sind nach rechts gekippt, das entfernte Attribut des Oceanos, wahrscheinlich ein Ruder, war leicht nach links ausgerichtet.
Als Gegengewicht zu diesen überwiegend nach rechts ausgerichteten
Stäben sind — mittig in der unteren Ebene — das Tropaion,
die beiden Lanzen und das Schwert nach links ausgerichtet.
Um die Komposition ins Gleichgewicht zu bringen müssen die Personen, die neben Tiberius standen, demnach auch leicht nach links ausgerichtete Stäbe oder Zweige getragen haben.
Augustus, auf der rechten Seite der Gravur, ist von Idealfiguren und Gottheiten umgeben, man kann deshalb davon ausgehen, dass die linke Seite der Gravur — ausgenommen die Siegesgöttin Viktoria — der Realität, nämlich dem Militär und der Leibwache vorbehalten war. Der Vorschlag von Hans Möbius, dass Tiberius zwischen seinen beiden Söhnen, dem Adoptivsohn Germanicus und dem leiblichen Sohn Drusus minor, vom Wagen steigt ergibt keinen Sinn. Denn Augustus, der Tiberius adoptierte, hatte Tiberius gezwungen, seinerseits Germanicus zu adoptieren und damit den Nachfolger von Tiberius bestimmt. Dass auf dem Kameo, der zu Lebzeiten des Augustus gefertigt wurde , beide Söhne des Tiberius erscheinen, ist deshalb unwahrscheinlich.
Tiberius standen als Konsul innerhalb Roms zwei Liktoren zur Seite. Als Zeichen der Macht des von ihnen begleiteten Amtsträgers trugen sie über der linken Schulter Rutenbündel, die sogenannten fasces. Bei einem Triumphzug schritten die die lictores im roten Kriegsmantel ( paludamentum), vor dem Triumphator, die Rutenbündel mit Lorbeer umwunden
und selbst auch den Lorbeer tragend. (4 a)
Zwei im Hintergrund stehende Liktoren, mit nach links gerichteten Rutenbündeln, oder zwei Soldaten mit Lorbeerzweigen, die den Wagen begleiteten, wie sie auch auf dem Siberbecher aus der Villa Pisanella in Boscoreale zu sehen sind, würden die Komposition ins Gleichgewicht bringen.
Triumphzug des Tiberius, ca.12 n. Chr. ?
Foto: © Marie-Lan Nguyen
Der Becher (ehem. Sammlung Rothschild), der im 2. Weltkrieg schwer beschädigt wurde
und lange als verloren galt, zeigt de siegreichen Feldherrn mit Szepter und Lorbeerzweig im Triumphwagen. Hinter dem Imperator steht der Staatssklave im Wagen, der die Aufgabe hatte, den goldenen Siegeskranz über das Haupt des Triumphators zu halten. Dem Wagen folgen einige bekränzte, mit Tuniken bekleidete junge Männer. Die mit einem offenen Halsreif (Torques) geschmückte Person, trägt Lorbeerzweige ( Ein Offizier der Hilfstruppen ?). Weitere Männer sind, gemeinsam mit zwei Liktoren, neben dem von vier Pferden gezogenen Wagen zu sehen.
Auf dem Silberbecher, zwischen den Pferden, ist anscheinend auch Drusus minor dargestellt , der Vergleich mit dem Abbild desselben auf dem Grand Camée zeigt deutliche Übereinstimmungen.
____________
Von dem abgebrochenen und teilweise abgearbeiteten Togatus, sind nur noch Teile der Füße, Faltenbahnen und Finger erhalten geblieben. Der immer wieder vorgebrachte Vorschlag, dass sich diese Finger helfend um die Handwurzel des Absteigenden legen, ist eindeutig falsch, denn es ist kaum vorstellbar, dass ein junger, dynamischer Thronfolger mit energischem Blick, einer helfend gereichten Hand bedurfte um vom Wagen zu steigen. Auch eine iunctio dextrarum kommt nicht in Frage, weil sie erstens auch einen Blickkontakt voraussetzt und zweitens, ebenfalls eine weitere Hand, die es in diesem Bereich jedoch nicht gibt und nie gab.
Ein solches Durcheinander von Händen widerspricht auch ganz der sonst im Bild herrschenden Klarheit und Einfachheit der Formen und Gesten.
Es ist nun danach zu fragen, was war ursprünglich in diesem durch Überarbeitung verunstalteten Bereich dargestellt. Die Antwort ist nicht allzu schwierig, wenn man bedenkt, dass niemand mit angewinkelten Unterarmen vom Wagen steigt, so wie es Tiberius hier zu tun scheint.
Der natürliche Bewegungsablauf ist so, dass einem ausgestreckten, festen Boden suchenden Bein fast immer der ausgestreckte Arm folgt. Der angewinkelte Unterarm ist demnach das Ergebnis einer Umarbeitung, die versuchte, den wahrscheinlich teilweise abgebrochenen Unterarm des Tiberius zu kaschieren. Die Reste des ausgestreckten Arms, der fast paralell zum Szepter verlief und wahrscheinlich einen Lorbeerzweig hielt, wurden entfernt und aus den Resten des Togatus wurde der neue Unterarm gestaltet. Dies erklärt auch den tiefen sekundären Einschnitt zwischen dem neu gestalteten Unterarm und dem Szepter, der bis in den dunklen Untergrund eindringt. Wäre der jetzige Unterarm ursprünglich, hätte er sich klar von dem Togatus im Hintergrund abgesetzt und es hätte bei der Überarbeitung keinen Grund für diesen tiefen Einschnitt gegeben. Beachtet man jetzt noch, dass der scharfe Schnitt, welcher die Unterkannte des Unterarmes andeutet, innerhalb der nachträglich herbeigeführten Einschnitte liegt, also sekundär ist, so kann es keinen Zweifel mehr geben, dass der jetzige Unterarm des Tiberius nachträglich konstruiert wurde (rote Pfeile).
Reste des ursprünglichen Arms, der fast parallel zum Die überarbeiteten Bereiche sind rot markiert.
Szepter verlief, sind oberhalb der Pfeilspitze noch
erkennbar.
Der scharfe Schnitt, welcher die Unterkannte des Unterarm andeutet, liegt innerhalb der nachträglich herbeigeführten Einschnitte , ist also sekundär.
Die Stellung und insbesondere die Höhe des sekundären Unterarms, der ursprüngliche Unterarm lag höher als die noch sichtbare Hand der neben Tiberius stehenden Person, macht es auch unmöglich, dass sich der Verlauf des Faltenwurfs des neben Tiberius tiefer stehenden
Togatus — Reste der Falten sind links neben dem Szepters noch zu sehen — sich hinter dem jetzigen Unterarm in gerader Linie hätten fortsetzen können. Die Falten würden mit dem zu tief liegenden sekundären Unterarm kollidieren.
(Fotomontage)
Tiberius mit Szepter und Lorbeerzweig
Der ursprüngliche rechte Arm des Tiberius ?
Gerhard Schmidt
Februar 2010
<<< zurück zu gemmarius-sculptor
(1)Caius Suetonius Tranquillus, Caesarenleben.
Der vergöttlichte Augustus 23.49
23.
Schwere, schimpfliche Niederlagen hat Augustus überhaupt nur zwei, und nur in Germanien erlitten: die des Lollius und die des Varus. Bei der des Lollius war die Schande größer als der Verlust, die des Varus bedeutete durch die Niedermetzelung dreier Legionen samt Führer, Unterfeldherrn und sämtlichen Hilfstruppen fast den Untergang des Reiches. Auf die Nachricht hiervon ließ Augustus alle Stadtteile militärische besetzen, um keine Unruhen aufkommen zu lassen, und verlängerte sämtlichen Provinzialstatthaltern ihr Kommando, um die Bundesgenossen durch erfahrene und ihnen bekannte Männer in Gehorsam zu halten. Zugleich gelobte er dem Jupiter Optimus Maximus große Spiele, wenn die Lage des Staates eine Wendung zum Besseren erfahren hätte, wie das seinerzeit im Kriege gegen die Zimbern und im Bundesgenossenkrieg geschehen war. Ja, es heißt, seine Verzweiflung sei so groß gewesen, dass er monatelang Haar und Bart sich wachsen ließ und oft seinen Kopf mit dem Ausruf gegen die Tür stieß: »Quintilius Varus, gib die Legionen wieder!« Den Tag der Niederlage soll er stets als Klage- und Trauertag begangen haben.
(...)
49.
Was das Heer betraf, so verteilte Augustus die Legionen und Hilfstruppen nach den Provinzen. (...) Sonstige Truppen verwandte er teils zum Schutz der Hauptstadt, teils als persönliche Garde; dagegen entließ er (...) das Korps der Germanen, das er bis zur Niederlage des Varus unter seinen Leibwachen um sich gehabt hatte. (...)
17.
Cui gloriae [sc. l.: Ac perseuerantiae grande pretium tulit, toto Illyrico (...)] amplior adhuc ex oportunitate cumulus accessit. Nam sub id fere tempus Quintilius Varus cum tribus legionibus in Germania periit, nemine dubitante quin uictores Germani iuncturi se Pannoniis fuerint, nisi debellatum prius Illyricum esset. Quas ob res triumphus ei decretus est multi[que] et magni honores. (...) Triumphum ipse distulit maesta ciuitate clade Variana; (...)
Die deutsche Übersetzung:
Caius Suetonius Tranquillus, Caesarenleben.
Tiberius 17-18
17.
Der Ruhm dieses Erfolges [d. h. der Unterwerfung Illyricums] war in Anbetracht der allgemeinen Lage, die damals herrschte, noch höher zu bewerten. Denn fast zur gleichen Zeit fand Quintilius Varus mit drei Legionen in Germanien seinen Untergang, und kein Mensch zweifelte daran, dass sich die siegreichen Germanen mit den Pannoniern vereinigt hätten, wenn nicht Illyricum vorher unterworfen worden wäre. Wegen dieser Taten wurde Tiberius der Triumph zuerkannt, außerdem erhielt er noch andere zahlreiche große Ehrungen. (...) Den Triumph vertagte Tiberius selbst in Anbetracht der Staatstrauer über die Niederlage des Varus. (...)
(3)
E. Zwierlein-Diehl,
Magie der Steine, Kunsthistorisches Museum,
S 268,
Wien 2008.
(4)
Helmut Prückner
FS Lorenz
Wien 1997.
Peter Scherrer
ÖJh 58
Wien 1988.
(4a)
Ernst Künzl
Der römische Triumph
München 1988
Die harmoniesüchtigen, klar gegliederten Bildentwürfe der Staatskameen hatten als oberstes Ziel, gemeinsames Handeln, Frieden und Zusammenhalt dem Betrachter vor Augen zu führen. Auch die harmonischen Entwürfe, nach denen die Tazza Farnese und der Grand Camée gefertigt wurden, beruhen auf dem gleichen logischen Regelwerk.